„Ich wünsche dir einen schönen Urlaub.“ Diesen Satz habe ich in den letzten Tagen des Öfteren zu hören bekommen. Urlaub? Will man es nicht für möglich halten, dass man auf Bali zum Arbeiten ist?
Irgendwie verständlich. Das konnte ich mir früher auch nicht vorstellen. Es ist ja auch kein klassischer 9 to 5 Büro-Job. Deswegen gebe ich euch heute einen kleinen Einblick wie mein Tag auf der Insel der Götter aussieht und warum ich gerade keine schönen Bilder von Palmen und Cocktails poste.
8:00 Uhr Tagwache. Ich kämpfe gegen meinen Jetlag an. Mein Körper ist müde. Er will schlafen. In Europa ist es gerade mal zwei Uhr morgens. Die Schlummer-Funktion gewährt mir weitere zehn Minuten Gnadenfrist. Dann muss ich aber wirklich aufstehen. Ich springe unter die Dusche, esse ein Stück Melone, schlüpfe in die Flip Flops und greife nach meiner Tasche. Vor der Türe wartet Putu, mein Fahrer. Das Moped lasse ich ausnahmsweise stehen. Der Grund sind Termine in den unterschiedlichsten Stadtteilen. Strecken, die nicht ungefährlich sind und jede Menge Ware, die transportiert werden muss.
Wir erreichen Seminyak. Hier treffe ich meine Agentin. Sie übernimmt für mich Übersetzungen, hilft mir bei den Preisverhandlungen, Koordiniert die Schneider und hält mit mir Rücksprache. Sie kommt mir mit schnellen Schritten entgegen und nimmt mich herzlichst in den Arm. Ich freue mich wirklich, sie wiederzusehen. Wir besprechen in Windeseile ein paar Details zu den bevorstehenden Projekten und machen Inventur. Und dann sind wir schon im Auto auf dem Weg in Richtung Denpasar.
Mein Körper schreit nach Kaffee. Wir fahren durch die völlig überfüllten Straßen Balis, stehen im Stau. In Bali kann ist es nichts außergewöhnliches, dass man für drei Kilometer eine halbe Stunde braucht. Wir erreichen die erste Stofffabrik. Schnell wird klar, dass ich hier trotz einheimischer Begleitung einfach nur ein „Bule“ bin. Bedeutet: The good, the bad, the ugly. Der Tourist. Ein „Weißer“. Und diese haben bekanntlich genügend Geld, um sich über den Tisch ziehen zu lassen. Mir gefällt das nicht. Schlechtes Karma. Wir fahren also Richtung Kuta und besuchen das nächste Textil-Outlet. Zwei Stunden später, nachdem ich gefühlt tausende Stoffe begutachtet habe, fangen die Verhandlungen an. Unser Gesprächspartner ist der Sohn des Inhabers. Ein Business-Mann. Wir feilschen lange und ausgiebig. Den Feinschliff übernimmt meine Agentin. Ich kümmere mich währenddessen um die penible Liste um einen Überblick zu haben, wie viel wir für welche Kleidungsstücke brauchen. Der Deal steht. Meter für Meter wird von den Textilrollen abgemessen. Wir schauen genau zu, damit uns kein Materialfehler entgeht.
Mein Kopf raucht. Ich bin ermattet. Es ist heiß. Wir erblicken wieder das Tageslicht. Für heute ist erstmal Schluss mit der Materialauswahl. Die Lederfabrik, die Häuser für Schneiderzubehör und die Experten für Seide müssen auf die kommenden Tage verlegt werden. Dringend muss ich mich jetzt in Kerobokan mit einem Grafiker und dem Inhaber der Druckerei treffen. Die Zeit ist knapp, denn bis zu meiner Abreise sollen Label Tags, Aufkleber, Tüten, Karten & Co. fertig gestellt sein. Die Autofahrt nutze ich um Ideen und Inspirationen in mein Notizheft zu kritzeln.
Angekommen stürze ich mich sofort mit dem Grafiker in die Kreativarbeit um keine Zeit zu verlieren. Parallel hole ich Kostenvoranschläge rein, sitze vor unzähligen Entscheidungen. Drei Stunden später verlasse ich das Atelier. Übermorgen geht es in die nächste Runde. Ich habe Hunger.
Ich hüpfe wieder ins Auto um mit Putu die Stoffe zum Schneider zu bringen. Wir kriechen wie Schnecken dahin. Stau. Ich beantworte Emails. Beim Eintreffen wartet erneut bereits meine Agentin auf mich. Wir sitzen im Schneidersitz am Boden und besprechen Stoff für Stoff, Design für Design, Prototyp für Prototyp. Irgendwann lässt meine Konzentration nach. Mein Kopf braucht eine Pause. Mein Magen schreit nach Essen.
In einem Warung, einem traditionellen balinesischen Restaurant, fülle ich mir den Teller auf und bestelle einen eiskalten schwarzen Tee. Die Sonne ist bereits untergegangen. Es ist dunkel. Mein Kalender & Notizheft liegen offen neben mir. Neue Ideen und To-Dos füllen die Seiten.
Psssst: Kalender by odernichtoderdoch